Stammheim

O hört ich sie schleichen
Angsterfüllt
Und zitternd durch Treppe und Gang
Beklommen sich duckend
Im Marke die zuckende
Angst, jemand treff sie hier an
Und krümmt sich und wagt nicht
Zu grüssen und fragt nicht
Und schützt seine kleine Logie
Und murmelt im stillen
Um Herrgottes Willen
Was wollen denn die
Hier drinnen

O hört ich sie kauen
Gramumhüllt
Und freudlos in zahnlosem Loch
Das käumlich vermochte
Vergorne, verkochte
Das keimt schon und nähret dann doch
Und hörn etwas Rundfunk
Und nehmen nen Schlaftrunk
Und starrn in die Strassen hinein
Und maulen: ja, freut euch
vergnügt euch, zerstreut euch
Und lasst mich allein
Hier drinne

O hört ich sie stöhnen
Schmerzdurchbrüllt
Und schwitzend aus klebrigem Traum
Sich schüttelnd und speiend
Das Laken entzweiend
Und stampfen erbost durch den Raum
Und legen sich nieder
Und schütteln sich wieder
Und wieder und stehn wieder auf
Und schwitzen und weinen
Und sagen es keinem
Und gehen dann drauf
Hier drinnen

O hört ich sie fallen
Die abgeplagten Leiber und stürzen zu Grund
O hört ich sie röcheln
Die wundgenagten Mäuler aus schäumendem Schlund
O hört ich sie werden
kalt und starr, die Glieder, das tote Gebein
O hört ich sie sterben
Oder bin ich allein?

Ihr seid doch am sterben
Da draussen
Da wird doch gestorben
Da draussen
Da stirbt doch wer
Da draussen
Irgenwer